Wo bin ich?

Die Orientierungsfähigkeit ist ein Mysterium. Woher wissen wir, wo wir sind? Haben Männer wirklich einen besseren Sinn dafür als Frauen, oder ist das nur ein hartnäckiges Gerücht? Und wie ist das beim Wandern?

Vera In-Albon

Zuerst einmal zur Beruhigung der Gemüter: ja, es gibt einen Unterschied zwischen weiblichem und männlichem Orientierungssinn. Nein, ein Geschlecht ist nicht «besser» als das andere, sondern einfach anders. Der Unterschied liegt darin, dass Frauen eher wissen, welche anderen Orte in der Nähe eines Ortes sind (neben der Kirche steht ein Restaurant). Männer schneiden eher besser ab, wenn es darum geht, eine Richtung einzuschätzen (Quelle: «Sie haben von Ihrem Ziel keine Ahnung», Prof. Dr. Stefan Münzer). Werden sie nach dem Weg gefragt, beschreiben Männer den Weg also eher anhand von Himmelsrichtungen und Entfernungsangaben und Frauen eher anhand von Landmarken. Das Wissen um eine Route ist bei beiden Geschlechtern genau gleich ausgeprägt.

Wo wandere ich?

Standortbestimmung ganz einfach mit der «Wo bin ich?»-Funktion

Beim Wandern braucht man nicht lange zu überlegen, wo man sich befindet. Die Schweizer Wanderwege haben auf der mobilen Version der Serviceplattform www.wandern.ch die Funktion «Wo bin ich?» eingebaut. Dazu einfach auf dem Smartphone www.wandern.ch/de/wo-bin-ich im Internet-Browser öffnen. Sofort wird einem auf der Karte angezeigt, wo man sich befindet, und das erst noch mit Wanderwegnetz. Damit diese Funktion schnell aufrufbar ist, kann man sie auf dem Smartphone zum Home-Bildschirm hinzufügen. Dazu einfach auf der geöffneten Seite in der Mitte auf die Taste zum Teilen tippen und das Symbol «zum Home-Bildschirm» anwählen. So braucht man nur noch dieses Icon anzutippen und schon wird die Funktion gestartet.

Die Landkarte im Gehirn

Ist die Orientierungsfähigkeit den Menschen also angeboren? Jein. Das meiste davon ist trainiert. Viele wissen dies nicht und finden sich damit ab, dass ihr Orientierungssinn einfach «schlecht» ist, statt ihn zu trainieren. Dabei sollten einem doch die Londoner Taxifahrer, die eine mehrjährige Navigationsausbildung durchlaufen, ein Beispiel sein: deren Hippocampus (der Teil des Gehirns, der für die «innere Landkarte» zuständig ist) ist viel grösser als zum Beispiel dieser von Busfahrern, die immer dieselben Routen abfahren.

Vor zwei Jahren wurde der Nobelpreis an drei Forscher verliehen, die erstens herausfanden, dass es im Hirn verschiedene Zellen zur Ortsbestimmung gibt (O’Keefe). Diese «Ortszellen» geben ein Signal, wenn man sich an einem bestimmten Ort befindet, das heisst, sie sagen, dass man «da» ist. Jahre später entdeckten die Forscher May-Britt und Moser zweitens, dass es nebst den Kompasszellen (werden bei einer bestimmten Kopfhaltung in eine Himmelsrichtung aktiv), Wandzellen (für das Raumgefühl) und eben Ortszellen auch Rasterzellen gibt, die an verschiedenen Stellen des Raums feuern und so ein regelmässiges Raster oder Gitter formen, wenn man sich bewegt. Durch dieses Gitter formt das Gehirn eine abstrakte Karte der Umgebung, wie ein hauseigenes GPS. Diese wird durch Erinnerungs- und Vorstellungsvermögen weiter gefüttert. Dazu gibt es drei Strategien.

Menschliche Navigationsstrategien

Um Wegweiser richtig zu lesen, bedarf es der allozentrischen Perspektive.

Die in unserer Kultur am häufigsten benutzte Strategie ist die egozentrische Perspektive: Man setzt die Umwelt in Beziehung zum eigenen Standort. Das ist wie, wenn man in Google Maps auf den kleinen Kompass tippt und die Karte automatisch die egozentrische Perspektive des Smartphones einnimmt. Eine Route aus der Vogelperspektive zu betrachten und die Standorte von Objekten zu einander in Beziehung zu setzen, nennt man allozentrische Perspektive. In der metrischen Perspektive richtet man sich nach Norden und nach Süden aus.

Egozentrik ist gelernt

In anderen Kulturen als unserer westlichen orientieren sich die Menschen allozentrisch: für Routenangaben gibt es eher die Angabe «in Richtung des Flusses» oder «zum Mittelpunkt hin», statt «links am Baum vorbei». Bei einem Vergleich zwischen Kindern des Stammes der Haillom in Namibia und europäischen Kindern fand Prof. Dr. Daniel Haun, dass sich die Halliom-Kinder nach den Himmelsrichtungen ausrichten. Den zwischen vier- und zwölfjährigen Kindern wurde ein Tanz beigebracht, dessen Schrittfolge links-rechts-links-links war. Dasselbe brachte man europäischen Kindern bei. Als sich die Kinder um 180 Grad drehten, behielten die Westler das Links-rechts-links-links-Muster bei, aber die Haillom-Kinder bewegten sich genau umgekehrt: Rechts-links-rechts-rechts. Warum Kinder (und manchmal auch noch Erwachsene) die in unserer Gesellschaft vorherrschende egozentrische Perspektive mühsam erlernen und sich das Gefühl von «Links» und «Rechts» einprägen müssen, ist bislang noch nicht klar. Es gibt allerdings Vermutungen, dass dies so ist, weil wir von links nach rechts schreiben. Allerdings ist es auch möglich, dass die Links-Rechts-Konvention schon vor der Erfindung der Schrift existiert hat.

Standortbestimmung einfach gemacht

Auf der mobilen Version von www.wandern.ch mit der «Wo bin ich?»-Funktion kann man ganz einfach zwischen egozentrischer und allozentrischer Perspektive wechseln. Zudem ist noch das gesamte Wanderwegnetz eingeblendet, so dass man sich schnell wieder auf dem richtigen Weg befindet und weder Mann noch Frau um Rat fragen muss.